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3. Hergang der Hermannsschlacht (Varusschlacht)
3.1 Eckdaten zur Schlacht
Nachfolgend sind einige Daten zur Schlacht aufgeführt, die heute
mit hoher Wahrscheinlichkeit als gesichert angesehen werden können:
Gesichtspunkte
zur Schlacht |
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Zeitpunkt | Spätsommer des Jahres 9 nach Christus | |
Ort | 16 km nördlich von Osnabrück in der Barenaue am Fuße
des Kalkrieser Berges:
die Römer im sumpfigen Gebiet der Barenaue; die Germanen auf den Höhen |
vergleiche Karten in Kap. 1 |
Schlachtdauer | 3 Tage bei Dauerregen; evt. auch 4 Tage *)
[ *) nach Recherchen von Therese und David Kieffer, Schüler der Kantonsschule Olten, Schweiz, in Cassius Dio, Buch LVI unter 21,3 «Als der vierte Tag graute»] |
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Verluste der Römer | die gesamte Streitmacht nach Kap. 2 bis auf versprengte Reste der Reiterei, die flüchtet; Varus stürzt sich nach Verwundung in sein Schwert | |
sofortige strategische Folgen
langfristige strategische Folgen
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Hermann zerstört nachfolgend die römischen Festungen an Elbe,
Weser und Rhein
16 n. Chr. faßt Kaiser Tiberius den weltgeschichtlichen Entschluß, die Eroberung Germaniens für immer aufzugeben; die Grenze zu Germanien wird fortan durch den Limes gesichert |
3.2 Schriftzeugnisse von Tacitus zur Schlacht
Die Niederlage hatte die Römer tief getroffen. Dennoch unternahmen
sie bis 16 n.Chr. noch einige Einfälle. Allerdings gingen die Kämpfe
letztlich verloren oder unentschieden aus. In einem dieser Vorstöße
rückten römische Verbände zurück an den Schlachtort,
um die Toten zu beerdigen. Darüber schreibt Tacitus (1.60- 1.62):
"Die .. Bructerer schlug mit leicht gerüsteter Mannschaft Lucius Stertitius - vom Germanicus abgesandt - und fand .. den Adler der 19. Legion, der mit Varus verloren worden war. In einem Zuge wurde alsdann das Heer bis zu den entferntesten Bructerern geführt und alles zwischen Ems und Lippe verwüstet, nicht fern vom Teutoburger Waldgebirge, in welchem, wie man sagte, die Reste des Varus und der Legionen noch unbestattet lagen. .. Nachdem Caecina vorausgeschickt war, um die verborgenen Schluchten des Waldgebirges zu durchspähen, und Brücken und Dämme über Sumpfgewässer und trügerische Felder aufzuführen, betraten sie die trauerreichen Orte, dem Blick wie der Erinnerung grauenvoll. Das Lager des Varus deutete durch den weiten Umfang und durch die Ausdehnung des Feldherrenplatzes die Arbeit dreier Legionen unverkennbar an; weiterhin erkannte man an dem halbeingestürzten Wall und an dem flachen Graben, daß der hier schon zusammengeschmolzene Rest sich festgesetzt hatte. Mitten auf der Fläche lag bleichenes Gebein, so wie sie geflohen waren, wie sie Widerstand geleistet, bald zerstreut, bald angehäuft.Dabei lagen Trümmer von Waffen und Pferdegeschirr ... usw. ... So bestattete denn das anwesende Römerheer im 6. Jahre nach der Niederlage die Gebeine dreier Legionen."
Aus diesen Angaben allein läßt sich nur der ungefähre Schlachtort bestimmen.
3.3 Archäologische Fundzeugnisse zur Hermannsschlacht
am Kalkrieser Berg
3.3.1 Große Münzfunde am Kalkrieser Berg seit 1716
Seit 1716 wurden am Kalkrieser Berg von Bauern große Mengen an
römischen Münzen gefunden. Deren Gesamtzahl übersteigt alle
anderen Funde, die insgesamt überhaupt in Nordwestdeutschland
zutage gefördert wurden. Diese Funde wurden vom Nobelpreisträger
Theodor Mommens gesichtet und mit Hilfe eines Numismatikers untersucht.
Im Jahre 1855 stellte Mommsen dann erstmals die Vermutung auf, daß
die Hermannsschlacht am Fuße des Kalkrieser Berges stattgefunden
hatte. Das an den Hängen des Berges gelegene Schloß Barenaue
hatte bis 1945 diese Münzsammlung in Verwahrung. Danach wurde sie
gestohlen und bleibt bis heute verschwunden.
3.3.2 Neue, große Münzfunde seit 1987
Im Jahre 1987 machte der englische Hobbyarchäologe Capt. Clunn
am Kalkrieser Berg in der Barenaue eine sensationelle Entdeckung: Er fand
160 römische Denare aus der Zeit des Augustus und 3 Bleischleudergeschosse.
Daraufhin wurden ab 1987 genauere archäologische Grabungen vorgenommen.
Mittlerweile wurde eine große Menge weiterer Münzen gefunden.
Auf einigen der am Kalkrieser Berg gefundenen Münzen ist die nachträgliche Prägung "VAR" für "Varus" sichtbar.
Keine einzige der bei Kalkriese gefundenen Münzen stammt aus der Zeit nach 9 n.Chr.
Dies sind einige entscheidende Belege dafür, daß die Schlacht am Kalkrieser Berg stattgefunden hat.
3.3.3 Umfassende Funde militärischer Ausrüstungsgegenstände
seit 1987
Durch öffentliche Förderung wird die Barenaue bis heute systematisch
archäologisch untersucht. Man fand bis jetzt (1999) die nachfolgend
aufgeführten Gegenstände:
Fundgegenstände am Kalkrieser Berg | Erläuterungen |
Schutzwaffen | Helmteile, Schildteile, Panzerteile,Cingulumteile, Phalerae |
Angriffswaffen | Schwertteile, Dolchteile, Pilumteile, Lanzenspitzen, Geschoßbolzen, Schleudergeschosse |
Uniform- und Kleidungszubehör | Orden, Schnallen, Fibeln (Spangen), Nadeln,
eine komplett erhaltene Gesichtsmaske eine Schnalleninschrift trägt den Namen des Trägers M. Aius, seinen Truppenteil (1. Kohorte) und den Truppenführer (Fabricius) |
Kleinteile | Hunderte an der Zahl |
Münzen | die alle nur bis zum Jahr 9 n. Chr. datieren und die zum Teil
die Prägung "VAR" für Varus tragen |
Pferdegeschirr | seltener Fund; |
Medizinisches Gerät | z.B. sehr gut erhaltener Knochenheber, Messer
(jede Legion hatte einen Chirurgen und einen Augenarzt) |
Geräte und Werkzeug | z.B. ein Bleilot mit Inschrift CHOI = C(o)HO(rtis) I=prima,
also wieder obige 1. Kohorte (vergl. Schnalleninschrift) |
Gegenstände des Alltags | Geschirr (Ton, Bronze), Eßbesteck, Lampe, Schreibgerät, Spielsteine, Waage und Gewichte |
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